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3.4.2 Chromosomenbeschreibungen

Als entscheidendes Merkmal zur individuellen Identifizierung der Polytänchromosomen wurde die Ausprägung ihres centromernahen Heterochromatins (cHC) herangezogen (vgl. Abschnitt 3.3.1). Weitere Strukturen, wie eine NOR, telomerisches Heterochromatin oder sekundäre Einschnürungen im Euchromatin stellten ergänzende Merkmale dar. Die Länge der Arme (Abschnitt 3.4.1) spielte für die Identifikation keine Rolle. Bezüglich der Armlängen der Chromosomen mit medianem Centromer muß berücksichtigt werden, daß sich die Längenverhältnisse der Arme im Einzelfall durch präparationsbedingte Streckung umkehren kann.

Zur Beschreibung jedes einzelnen Polytänchromosoms werden in den folgenden Abbildungen jeweils in der linken Bildhälfte zwei repräsentative DAPI- (a) sowie zwei DAPI/PI-gefärbte Chromosomen (b) gezeigt. Darin sind die Bereiche des cHC auf einer Seite des Chromosoms mit einer Klammer eingefaßt und die Position des Centromers durch eine längere Linie gekennzeichnet. Die Bereiche der NOR sind durch eine Klammer mit einer Doppellinie markiert. Wesentliche Merkmale des cHC und anderer Bereiche sind bezeichnet. In der rechten Bildhälfte sind die charakteristischen Merkmale schematisch zusammengefaßt. Für die schematische Präsentation der charakteristischen Merkmale wurde folgende Darstellung gewählt:

Der angegebene Maßstab entspricht in allen Abbildungen 10 µm.

3.4.2.1 Chromosom A

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) befindet sich in der terminalen Region und ist in der Darstellung unterhalb des cHC-Blocks zu erkennen.

Nur der kurze Arm trägt einen Block von cHC, der zudem im Vergleich zu dem anderer Chromosomen verhältnismäßig klein ist. Außerdem zeigt es eine sehr schmale starke DAPI-Bande (sDB).

Euchromatin

Der gesamte lange Arm besteht aus Euchromatin. Subtelomer auf dem langen Arm liegt ein kleiner Bereich von stärker kondensiertem Euchromatin (kEC), der immer eine stärkere DAPI-Fluoreszenz aufweist als das ihn umgebende aufgelockerte Euchromatin. Der Bereich wird nicht als heterochromatin angesehen, da seine DAPI-Fluoreszenz immer geringer zu schein scheint als die des cHC.

NOR

Die NOR befindet sich terminal auf dem kurzen Arm.

Telomerisches
Heterochromatin

Punktförmige Verdichtungen des tHC kommen nur am kurzen Arm vor
(vgl. Abschnitt 3.3.3).

3.4.2.2 Chromosom B

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) liegt subterminal. Die Abbildungen a und b zeigen das Centromer oberhalb des cHC-Blocks.

Im Gegensatz zu Chromosom A kommt das cHC bei Chromosom B nur auf dem langen Arm vor. Es gliedert sich in zwei Teile, von denen der proximale sehr markant ist. Er scheint immer über die sonstige Breite des Chromosom hinauszuragen und wird von einer breiten und stark fluoreszierenden DAPI-Bande (sDB) ausgefüllt. Durch eine sekundäre Einschnürung (sES) getrennt, folgt distal der zweite Teil des cHC.

Euchromatin

Die euchromatischen Bereiche der beiden Chromosomenarme sind, wie auch die der anderen Chromosomen, häufig präparationsbedingt gedehnt und gekrümmt.

Telomerisches
Heterochromatin

Punktförmige Verdichtungen des tHC finden sich an beiden Chromosomenenden.

3.4.2.3 Chromosom C

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) in der medianen Region ist immer deutlich größer als die der anderen Chromosomen.

Auf dem kurzen Arm - der hier und bei den folgenden Chromosomen nach oben ausgerichtet ist - befindet sich der kleinere Teil des cHC.

Der größere Teil des cHC auf dem langen Arm läßt sich in zwei Zonen einteilen. Die proximale Zone zeigt in der Mitte eine kleine sekundäre Einschnürung (kl. sES) und weist in den meisten Fällen eine starke DAPI-Fluoreszenz (sDB) auf. Ihre Intensität ist aber im Vergleich zu der von starken DAPI-Banden anderer Chromosomen geringer. Sie ist daher im Schema nicht weiß sondern hellgrau dargestellt. Distal liegt eine etwas größere sekundäre Einschnürung (gr. sES) an die sich die zweite, kleinere Zone des cHC im langen Arm anschließt.

Euchromatin

Gelegentlich lassen sich in den euchromatischen Bereichen Andeutungen einer Strukturierung beobachten.

Telomerisches
Heterochromatin

Beide Chromosomenenden weisen tHC auf.

3.4.2.4 Chromosom D

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerischen Einschnürung (Cen) liegt in der medianen Region des Chromosoms.

Der Teil des cHC auf dem kurzen Arm ist kleiner als der Teil des cHC auf dem unteren Arm.

Der cHC-Bereich auf dem langen Arm ist durch eine starke DAPI-Bande (sDB) gekennzeichnet.

Euchromatin

Keine besonderen Merkmale

Telomerisches
Heterochromatin

THC tritt an den Enden beider Arme auf.

Bemerkung

Die Ausprägung des cHC von Chromosom D ähnelt der von Chromosom F. Allerdings ist das cHC im langen Arm von Chromosom D kleiner als das von Chromosom F und es ragt auch nicht wesentlich über die sonstige Breite des Chromosom hinaus (vgl. Abb. bei Chromosom F).

3.4.2.5 Chromosom E

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) liegt in der medianen Region.

Der größere Teil des cHC liegt auf dem kurzen Arm. Besonders auffällig ist eine schmale starke DAPI-Bande (sDB), die oftmals beidseitig über die sonstige Breite des Chromosoms hinausragt. Proximal und distal dieser DAPI-Bande liegt jeweils eine sekundäre Einschnürung (sES), von denen meistens nur die distal gelegene regelmäßig erkennbar ist.

Der cHC-Block im langen Arm ist kleiner und erscheint in der Regel etwas breiter als das sonstige Chromosom.

Euchromatin

Im euchromatischen Teil des langen Arms läßt unregelmäßig eine sekundäre Einschnürung (sES) beobachten.

Telomerisches
Heterochromatin

THC ist an beiden Enden des Chromosoms erkennbar (in Abb. b allerdings sehr schwach).

3.4.2.6 Chromosom F

Centromerisches
Heterochromatin

Die Position der centromerischen Einschnürung (Cen) ist median.

Das kleine cHC-Bereich im kurzen Arm nimmt immer in etwa die Breite des Chromosoms ein.

Der größere cHC-Bereich im langen Arm hingegen ist breiter als die übrigen Abschnitte des Chromosoms. Außerdem zeigt dieser cHC-Teil eine starke DAPI-Bande (sDB).

Euchromatin

Die euchromatischen Bereiche beider Chromosomenarme zeigen je eine unregelmäßig auftretende sekundäre Einschnürung (sES).

Telomerisches
Heterochromatin

THC kommt an den beiden Enden des Chromosoms vor.

3.4.2.7 Chromosom G

Centromerisches
Heterochromatin

Die median liegende centromerische Einschnürung (Cen) läßt sich nur bei gestreckten Chromosomen deutlich erkennen (vgl. Abbildung b).

Der kleinere Teil des cHC im kurzen Arm fällt durch seine starke DAPI- Bande (sDB) auf.

Der größere cHC-Teil auf dem unteren Arm ist durch zwei Blöcke (Bl) gekennzeichnet, zwischen denen ein schwächer fluoreszierender Bereich liegt. Die Größe der beiden Blöcke kann je nach Streckung variieren (vgl. in Abbildung a und b).

Euchromatin

Keine besonderen Merkmale

Telomerisches
Heterochromatin

THC ist an beiden Chromosomenenden erkennbar (in Abbildung b nur z.T. sichtbar).

3.4.2.8 Chromosom H

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) liegt in der medianen Region des Chromosoms und ist nicht immer deutlich ausgeprägt.

Der kurze Arm trägt den kleineren Teil des cHC.

Auf dem langen Arm liegt der größere Teil des cHC, in dessen proximalem Teil eine starke DAPI-Bande (sDB) auffällt. Durch eine sekundäre Einschnürung (sES) getrennt, schließt sich distal ein weniger stark anfärbbarer Teil des cHC an.

Euchromatin

Keine besonderen Merkmale (beim rechten Chromosom in Abbildung b ist der euchromatische Teil des langen Armes abgerissen)

Telomerisches
Heterochromatin

THC kommt an beiden Chromosomenenden vor.

3.4.2.9 Chromosom I

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) befindet sich in der medianen Region.

Charakteristisch für das cHC auf dem kurzen Arms ist die breite und starke DAPI-Bande (sDB).

Das cHC im langen Arm zeigt distal eine sekundäre Einschnürung (sES).

Euchromatin

Der euchromatische Bereich im kurzen Arm zeigt in der Regel eine sekundäre Einschnürung (sES).

Telomerisches
Heterochromatin

THC ist zwar an beiden Enden vorhanden, aber am langen Arm läßt es sich nur bei stark gestreckten Chromosomen beobachten (vgl. Abbildung a, am Chromosom ganz links, unten)

NOR

Die NOR liegt terminal auf dem langen Arm. Ein Teil des nukleolären Chromatins bleibt in der Regel kondensiert (wie auch bei Chromosom A und K) und erweckt daher den Eindruck, als handle es sich um Heterochromatin (vgl. Diskussion)

3.4.2.10 Chromosom J

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) liegt median und ist im Vergleich zu der aller anderen Chromosomen außer Chromosom K außergewöhnlich deutlich ausgeprägt. Das Centromer gliedert das cHC in zwei fast gleich große und symmetrische Teile.

Dieser Eindruck wird dadurch unterstützt, daß die cHC-Bereiche auf dem kurzen und langen Arm proximal jeweils eine deutlich erkennbare DAPI-Bande tragen. Dennoch weisen die beiden cHC-Teile Unterschiede auf. Der Teil des cHC auf dem kurzen Arm weist die stärke DAPI-Bande (sDB) und distal von dieser eine kleine sekundäre Einschnürung (sES) auf.

Der cHC-Teil auf dem langen Arm hingegen ist kleiner und die Fluoreszenzintensität seiner DAPI-Bande (wDB) erscheint schwächer.

Euchromatin

Keine Besonderheiten.

Telomerisches
Heterochromatin

Das tHC an beiden Enden ist immer erkennbar.

Bemerkung

Abbildung b verdeutlicht den präparativ bedingten unterschiedlichen Streckungsgrad der euchromatischen Bereiche der Arme, während die Ausprägung der cHC-Bereiche mehr oder weniger unverändert ist.

3.4.2.11 Chromosom K

Centromerisches
Heterochromatin

Die centromerische Einschnürung (Cen) liegt in der terminalen Region, ist immer gut erkennbar, aber auch äußerst fragil (s.Bemerkung).

Der kurze Arm wird nahezu vollständig von der NOR ausgefüllt.

Das cHC auf dem langen Arm gliedert sich in drei Abschnitte. Der erste proximale Abschnitt zeigt eine schmale starke DAPI-Bande (sDB), an die sich eine sekundäre Einschnürung (sES) anschließt. Darauf folgt das zweite Segment, in dem manchmal eine weitere, aber deutlich schwächere DAPI-Bande (wDB) zu erkennen ist. Daran schließt sich distal wiederum eine sekundäre Einschnürung (sES) und der dritte Abschnitt an, der etwas weniger stark gefärbt erscheint.

Euchromatin

Keine besonderen Merkmale.

Telomerisches
Heterochromatin

THC läßt sich nur am Ende des kurzen Armes beobachten und auch nur bei gedehnter NOR (vgl. Abbildung b).

NOR

Die NOR befindet sich auf dem kurzen Arm.

Bemerkung

Wird ein Chromosom K, das an einem Sammelnukleolus hängt, bei der Präparation stark gequetscht, reißt es sehr häufig am Centromer auseinander. Der kurze Arm bliebt dann mit Sammelnukleolus verbunden, während der lange Arm in deutlichem Abstand vom Nukleolus zu liegen kommt (fragile Centromerregion) (vgl. Abbildung 7).


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